Der diabetische Fuss ist eine schwere Langzeitkomplikation bei Patienten mit Diabetes. Dazu kommt es, wenn durch einen jahrelang erhöhten Blutzuckerspiegel schwere Schädigungen der Nerven und Blutgefässe in den Beinen verursacht werden. Die Folge: Selbst kleinste Verletzungen heilen dann nur schlecht ab, sie infizieren sich leicht und es entwickeln sich oft tiefe Geschwüre, die sich bis auf den Knochen ausbreiten können. Schlimmstenfalls kann eine Amputation erforderlich sein. Erschreckend: In der Schweiz trifft das Schicksal der Amputation im Bereich der unteren Extremitäten jährlich rund 1.500 Diabetiker. Umso wichtiger ist es, dass Menschen mit Diabetes besonders gut auf ihre Füsse achten und entsprechende Massnahmen zur Vorbeugung beherzigen.
Das diabetische Fusssyndrom
Mit dem Begriff „diabetisches Fusssyndrom“ (DFS) wird ein Komplex von Symptomen im Bereich der Füsse und Unterschenkel bezeichnet, die sich infolge einer Diabeteserkrankung entwickeln können.
Dazu zählen z. B.:
Fussverletzungen (Läsionen)
Tiefe Geschwüre (Ulzera, mit oder ohne Infektion)
Schwäche der Fussmuskulatur
Verformungen des Fusses bzw. der Zehen (Krallenfuss)
Charcot-Fuss (Diabetische Neuro-Osteoarthropathie, DNOAP): Besonders schwere Form des diabetischen Fusses, bei der es zu Veränderungen des knöchernen Fussskeletts kommt. Diese werden von den Betroffenen oft erst spät durch die begleitenden Rötungen, Schwellungen oder Fehlstellungen bemerkt.
Gangrän: Gewebsnekrose, also Absterben von Gewebe durch Mangeldurchblutung.
Umgangssprachlich werden auch die Begriffe „diabetischer Fuss“, „Diabetikerbein“ oder „Zuckerfuss“ verwendet.
Die Angaben zur Häufigkeit des diabetischen Fusssyndroms schwanken zwischen etwa vier und fünfzehn Prozent.1
Bei bis zu einem Viertel aller Diabetiker entwickelt sich ein diabetisches Fussulkus (Ulkus = Geschwür).1
Eine Amputation im Bereich der unteren Extremitäten wird in der Schweiz bei etwa 1500 Menschen mit Diabetes pro Jahr durchgeführt.
Mehr als die Hälfte der Patienten, die an einem diabetischen Fusssyndrom erkranken, müssen mit einer Amputation innerhalb von 4 Jahren nach Diagnosestellung rechnen.1
Das diabetische Fussulkus (Ulkus = Geschwür) tritt im Rahmen eines diabetischen Fusssyndroms auf. Dabei handelt es sich um eine Wunde am Fuss, die leicht zu ernsten Komplikationen führen und in letzter Konsequenz auch eine Amputation erforderlich machen kann.
Das diabetische Fussulkus – was ist das?
Ein Ulkus (Mehrzahl: Ulzera) ist ein Geschwür. Dabei handelt es sich um einen Defekt der Haut, der nicht unmittelbar durch eine Verletzung entstanden ist und sich durch mehrere Hautschichten zieht.
Fussulzera sind eine häufige und gefürchtete Langzeitfolge bei Diabetes. Etwa ein Viertel der Patienten entwickelt ein Fussgeschwür.
Werden die schlecht heilenden Geschwüre nicht frühzeitig behandelt, können sie sich leicht infizieren und bis auf den Knochen ausweiten. Mit der Zeit können so ganze Gewebeteile, einzelne Zehen oder Teile des Fusses absterben (schwarze Verfärbung). In letzter Konsequenz kann eine Amputation erforderlich werden.
Symptome & Ursachen
Bei der Entstehung des diabetischen Fusssyndroms spielen mehrere Ursachen eine Rolle. Heute weiss man, dass es häufig Nervenschädigungen in den Beinen sind, die den Fussproblemen bei Diabetikern den Weg bereiten. Ärzte sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer diabetischen Neuropathie. Sie wird u. a. durch die erhöhten Blutzuckerwerte ausgelöst, die dazu führen, dass die kleinen Blutgefässe verstopfen, die zur Versorgung der Nerven dienen.
Bei vielen Diabetikern sind zusätzlich die Vitamin B1-Spiegel deutlich erniedrigt. Auch ein Mangel an Vitamin B1 (Thiamin) kann Nervenschäden auslösen oder verschlimmern. Das Gleiche gilt übrigens auch für einen erhöhten Alkoholkonsum.
Typische Anzeichen für diabetische Nervenschäden sind Symptome wie Brennen und Kribbeln in den Füssen („Ameisenlaufen“). Auch die Schmerzempfindlichkeit in den Füssen sinkt, sodass Betroffene Verletzungen bzw. Schmerzen an den Füssen nicht mehr richtig wahrnehmen können. Ein Steinchen im Schuh, Druckstellen oder Blasen an den Füssen können dann fatale Folgen haben. Zudem wird bei Betroffenen ein weiteres Phänomen beobachtet: Der sogenannte Leibesinselschwund. Weil die Betroffenen ihre Füsse nicht mehr spüren, nehmen sie sie nicht mehr als Teil von sich war („innere Amputation“) – und gehen deshalb bei Problemen oft viel zu spät zum Arzt.
Ausserdem bestehen bei Diabetes oft auch Durchblutungsstörungen in den Beinen. Sie gehen auf Schädigungen der Gefässe durch erhöhte Blutzuckerwerte zurück. Der medizinische Fachbegriff dafür lautet „diabetische Angiopathie“ (Angiopathie = Gefässleiden). Das Gewebe und auch die Nerven werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Kalte Füsse, Wundheilungsstörungen und Schmerzen in den Beinen können die Folge sein. Auf lange Sicht können durch die Mangelversorgung auch ganze Gewebebezirke absterben. Ärzte sprechen dann von Nekrosen.
Gut zu wissen:
Bei etwa 35 Prozent der Diabetiker sind sowohl die Nerven als auch die Gefässe geschädigt.1
Hinzu kommt, dass die Erkrankung die Abwehr schwächt. Das hat zur Folge, dass das Risiko für Infektionen erhöht ist und Wunden ohnehin schlechter heilen als bei Gesunden. Auch diese Faktoren tragen dazu bei, dass bei Betroffenen aus kleinen Fusswunden grosse Probleme entstehen können und sich häufig etwa ein Geschwür (Fussulkus) entwickelt oder Gewebe abstirbt (Gangrän).
Diabetischer Fuss
Mögliche Anzeichen
Folgende Veränderungen an den Füssen können Anzeichen sein:
Kribbeln (Ameisenlaufen)
Brennen
Taubheitsgefühl
Verringerte Schmerzempfindlichkeit
Verringerte Temperaturempfindlichkeit
Zunehmend trockene Haut
Kalte Füsse
Unsicherer Gang (Gehen wie auf Watte)
Diabetischer Fuss: Verschiedene Formen
In Abhängigkeit davon, welche Ursachen zugrunde liegen, werden verschiedene Formen des diabetischen Fusses unterschieden, die sich mit unterschiedlichen Symptomen äussern können.
Neuropathischer Fuss
Ischämischer Fuss
Ursache
Ursache
Diabetische Neuropathie d. h. Schädigung der Nerven in den Füssen infolge der Diabetes-Erkrankung
Diabetische Angiopathie d. h. gestörte Durchblutung in den Füssen infolge der Diabetes-Erkrankung
Kennzeichen
Kennzeichen
Warme und rosige Füsse
Sehr trockene und rissige Haut
Minderung des Schmerzempfinden (Hypalgesie)
Taubheitsgefühle
Stechen und Schmerzen (v. a. nachts und in Ruhe)
Kribbeln in den Füssen (Ameisenlaufen)
Brennen in den Füssen („Burning Feet“)
Reduzierte Sensibilität (Temperatur, Berührung)
Reduzierte Schweissproduktion
Starke Neigung zu Verhornung der Haut (Schwielenbildung)
Geschwächte Fussmuskulatur
Fusspulse tastbar
Kalte, blasse bis bläulich verfärbte Füsse
Verletzungen sind schmerzhaft
Sensibilität bleibt bestehen
Fusspulse nicht tastbar
Folgen und Auswirkungen
Folgen und Auswirkungen
Verletzungen und Druckstellen werden nicht rechtzeitig wahrgenommen
Unbehandelte Verletzungen entwickeln sich zu schmerzlosen Fussgeschwüren (Malum perforans), die sich leicht infizieren
Infektionen können sich auf Gelenke und Knochen ausbreiten
Fussverformungen (z. B. Krallenzehen)
Charcot-Fuss (Sonderform, bei der das knöcherne Fussskelett einbricht, ohne dass die Betroffenen es bemerken)
Es kommt zu einer Minderdurchblutung oder einem vollständigen Ausfall der Durchblutung im Gewebe (Ischämie).
Schlecht heilende Wunden
Nekrosen (absterbendes Gewebe)
Schmerzen beim Gehen, die nach einer Pause schnell zurückgehen (Schaufensterkrankheit)
Da bei vielen Diabetikern sowohl Nervenschäden als auch Durchblutungsstörungen vorliegen, sind Mischformen häufig.
Das A & O: Frühzeitiges Erkennen und rasche Behandlung
Durch die richtigen Massnahmen zur Vorbeugung und eine frühzeitige Behandlung von Fussproblemen könnten viele Amputationen verhindert werden. Grundsätzlich sollten Menschen mit Diabetes auf eine gute Einstellung des Blutzuckerspiegels achten und die regelmässigen Routineuntersuchungen beim Arzt wahrnehmen. Alarmsignale wie Brennen und Kribbeln in den Beinen sollten ernst genommen werden.
Wichtig ist auch, dass Diabetiker ihre Füsse täglich gründlich auf Veränderungen kontrollieren und bei Auffälligkeiten (z. B. Druckstellen, Blasen, Einrisse, Hornhautschwielen, Hühneraugen, Pilzinfektionen) umgehend zum Arzt gehen. Mehr erfahren
Von grösster Bedeutung ist das passende Schuhwerk. Denn schlecht sitzende Schuhe gehören zu den Hauptauslösern von Fussverletzungen bei Diabetikern. Auch Verletzungen bei der Fuss- und Nagelpflege können ernste Folgen haben. Daher ist eine fachgerechte Betreuung durch einen medizinischen Fusspfleger (Podologe) ratsam.
Mehr über die Vorbeugung des diabetischen Fusssyndroms.
Häufige Auslöser von Fussverletzungen
bei Diabetes
1 / 4
Ungeeignetes Schuhwerk oder Steinchen im Schuh
2 / 4
Verbrennungen (Wärmflasche, Heizdecke, zu heisses Badewasser)
3 / 4
Falsche Fuss- oder Nagelpflege
4 / 4
Socken & Strümpfe: Zu enge Bündchen oder Nähte
Diabetischer Fuss: Hilfreiche Tipps
1 / 8
Die Füsse täglich gründlich kontrollieren
Menschen mit Diabetes müssen ihre Füsse gut im Auge behalten. Denn nur durch eine tägliche Selbstkontrolle können Veränderungen, die behandelt werden müssen, frühzeitig erkannt werden. Am besten, Sie reservieren jeden Morgen oder Abend etwas Zeit für Ihren Fuss-Check: Achten Sie bei Ihrem Fuss-Check darauf, dass Sie gutes Licht haben und verwenden Sie immer einen Spiegel, damit Sie auch die Fusssohle gründlich begutachten können. Denken Sie auch daran, zwischen den Zehen nachzusehen. Wenn Sie Veränderungen bemerken, sollten Sie umgehend Ihren Arzt aufsuchen. Das gilt insbesondere dann, wenn Sie Druckstellen, Blasen, Einrisse, Hornhautschwielen, rote Stellen oder Anzeichen für Fuss- oder Nagelpilz entdecken. Wenn Sie gestolpert sind oder den Fuss angeschlagen haben, ist es ratsam, immer sofort zu prüfen, ob es zu einer Verletzung gekommen ist.
Wichtig:
Bitten Sie jemanden um Hilfe, wenn Sie selbst Ihre Füsse nicht mehr gründlich genug kontrollieren können – zum Beispiel, weil Sie nicht mehr so beweglich sind oder das Sehvermögen nachlässt.
2 / 8
Alarmzeichen ernst nehmen
Brennen und Kribbeln in den Füssen („Ameisenlaufen“) können darauf hindeuten, dass es aufgrund des erhöhten Blutzuckerspiegels bereits zu Nervenschädigungen in den Beinen gekommen ist. Diese führen dazu, dass auch das Schmerzempfinden sinkt und man Temperaturen nicht mehr richtig wahrnimmt. Die Folge: Egal, ob ein Steinchen im Schuh oder eine zu heisse Wärmflasche im Bett – was wehtun sollte, tut nicht mehr weh. Und das kann fatale Auswirkungen haben.
Umso wichtiger ist es, frühzeitig gegen die Empfindungsstörungen aktiv zu werden. Falls Sie selbst solche Symptome bei sich bemerken, wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt.
3 / 8
Das richtige Schuhwerk
Was kaum einer weiss: Zu enge oder schlecht sitzende Schuhe gehören zu den Hauptauslösern von Fussverletzungen bei Diabetikern. Druckstellen oder kleinste Einrisse können dazu führen, dass schlecht heilende Wunden entstehen, die sich zu tiefen Geschwüren auswachsen können. Deshalb ist es wichtig, schon beim Schuhkauf einige wichtige Punkte zu beachten:
Probieren Sie die Schuhe nicht morgens, sondern erst am Spätnachmittag oder Abend an. Denn über den Tag hinweg schwellen die Füsse an.
Achten Sie darauf, dass die Schuhe wirklich gut passen und lassen Sie sich von einem Fachmann beraten. Nicht geeignet sind z. B. Stiefel zum Schlüpfen, hohe Absätze oder Zehensandalen.
Die Schuhe sollten eine dicke, flexible Sohle haben. Ausserdem sollten sie vorne und hinten geschlossen sein.
Überprüfen Sie mit der Hand, ob Sie scheuernde Nähte oder Unebenheiten ertasten können.
Grundsätzlich gilt: Vor jedem Anziehen sollten Sie Ihre Schuhe mit der Hand auf Fremdkörper (z. B. Steinchen) oder Unebenheiten (z. B. raue Stellen, verrutschte Einlegesohle) untersuchen.
Falls der Arzt einen sogenannten Risikofuss feststellt, werden in der Regel spezielle Diabetesschuhe empfohlen. Bei Fehlstellungen der Füsse helfen orthopädische Massschuhe bzw. Einlagen, Probleme zu vermeiden.
4 / 8
Sorgfältige Fuss– und Nagelpflege
Bei der Pflege von Füssen und Nägeln müssen Menschen mit Diabetes äusserst vorsichtig vorgehen. Liegt bereits eine Nervenschädigung vor, sollten Sie die fachgerechte Hilfe eines Podologen (medizinischer Fusspfleger) in Anspruch nehmen. Denn schon kleinste Verletzungen können schwerwiegende Folgen haben. Scharfe oder spitze „Werkzeuge“ wie Schere, Nagelknipser oder Zangen sind tabu. Die Nägel sollten nur mit einer Sandpapierfeile vorsichtig gekürzt werden. Ausserdem muss die Hornhaut regelmässig (aber vorsichtig!) entfernt werden. Ein kurzes Fussbad hilft, die Hornhaut etwas aufzuweichen – vorher aber bitte die Temperatur mit einem Thermometer kontrollieren (ideal sind 30 bis 35 °C). Zum Abrubbeln der Hornhaut wird ein Bimsstein empfohlen.
Wichtig:
Hühneraugen, Warzen und eingewachsene Zehennägel sind Anlass für einen Arztbesuch und sollten auf keinen Fall in Eigenregie behandelt werden. Das gleiche gilt bei Verdacht auf eine Pilzinfektion der Haut oder der Nägel.
Wechseln Sie täglich Ihre Socken und Strümpfe und achten Sie darauf, dass das Material möglichst heiss gewaschen werden kann. So können Sie Fuss- und Nagelpilzinfektionen vorbeugen. Das Bündchen darf ausserdem nicht zu eng sein, ansonsten schnürt es die Haut ein. Vorsicht: Auch gestopfte Strümpfe können dazu führen, dass die Haut aufgescheuert wird oder Druckstellen entstehen.
Extra-Tipp: Es gibt spezielle Socken für Diabetiker, die nicht einschneiden, nicht verrutschen und keine drückenden Nähte aufweisen. Sie sind aus atmungsaktivem Material und gut hautverträglich.
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Nicht barfuss laufen
Egal ob draussen oder drinnen: Tragen Sie immer Schuhe. Zu gross ist die Gefahr, dass Sie sich durch Kiesel, Splitter oder Ähnliches verletzen. Womöglich bemerken Sie feine Einrisse oder andere kleine Wunden gar nicht. Bleiben diese unbehandelt, können sich schlecht heilende Geschwüre entwickeln. Daher gilt grundsätzlich die Devise: Schützen Sie Ihre Füsse immer durch gut sitzende Schuhe, auch zu Hause, im Schwimmbad oder am Strand.
7 / 8
Fussgymnastik fördert die Durchblutung
Ist der Blutzuckerspiegel über längere Zeit schlecht eingestellt, kommt es häufig auch zu Durchblutungsstörungen in den Beinen. Spezielle Gymnastikübungen können den Blutfluss in den Beinen anregen und die Muskulatur stärken. Dazu muss man nicht gleich ins Fitness-Studio gehen, man kann auch ganz einfach zu Hause trainieren.
Die regelmässigen Routineuntersuchungen bei Ihrem Arzt gehören zu den wichtigen Basismassnahmen, um diabetische Fusswunden und andere Folgeerkrankungen zu vermeiden. Der Arzt überprüft zum Beispiel, ob Ihr Blutzucker noch gut eingestellt und der Blutdruck in Ordnung ist. Durch spezielle Untersuchungen können auch diabetische Nervenschädigungen festgestellt werden. Liegen Probleme mit den Füssen vor, kann Ihr Arzt Sie zu einem Spezialisten überweisen.
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